„Wir sollten von inspirierenden Forscherinnen berichten und Vorbilder schaffen“

Interview mit Marlene Heckl über ihr Video zum Deutschen Zukunftspreis

Marlene Heckl wurde 2018 mit ihrem Video „Ein Herz aus Spinat“ bei Fast Forward Science in der Kategorie VISION ausgezeichnet. Sie wurde vom Deutschen Zukunftspreis, Partner der Kategorie VISION, ausgewählt, um zu den Themen des Deutschen Zukunftspreises ein Video zu produzieren. Ihr Video über die Forschung von Prof. Dr. Helga Rübsamen-Schaeff zum Cytomegalievirus (CMV) hat Marlene jetzt veröffentlicht. Wir haben Marlene gefragt, wieso sie genau dieses Thema so fasziniert hat, wie es bei ihr hinter den Kulissen läuft und woher sie ihre Inspirationen nimmt.

 

 

Warum hast du dich gerade für die Forschung von Prof. Dr. Helga Rübsamen-Schaeff, die Preisträgerin des Deutschen Zukunftspreises 2018, entschieden?

Ich fand, Frau Prof. Rübsamen-Schaeff ist eine beeindruckende und inspirierende Frau. Ihr Forschungsthema ist ein sehr wichtiges und spannendes Gebiet,  das bislang noch nicht so viel Beachtung in den Medien gefunden hat. Die meisten Leute haben wahrscheinlich noch nie etwas von dem Cytomegalievirus (CMV) gehört. Dabei ist über die Hälfte der Bevölkerung mit diesem Herpesvirus infiziert. Normalerweise merken wir davon nichts, weil das Virus sich in einer Art Ruhezustand in unserem Körper befindet. Aber, wenn die Immunabwehr geschwächt ist oder auch bei Neugeborenen oder bei Menschen höheren Lebensalters kann das Virus aus diesem Ruheschlaf erwachen und dann ziemlich schwere Infektionen auslösen.

Bisher gab es nur sehr wenige Medikamente, die man hier einsetzen kann und leider haben die alle schwere Nebenwirkungen. Und nun hat ein deutsches Forscherteam es geschafft zum ersten Mal einen Wirkstoff zu entwickeln, der nach einem ganz anderen Wirkmechanismus funktioniert. Durch diesen neuen Wirkmechanismus hat das Medikament besonders wenige Nebenwirkungen und kann sogar präventiv, also vorsorglich, bei Risikogruppen eingesetzt werden. Beispielsweise bei einer Knochenmarkstransplantation, bei der die Immunabwehr des Patienten besonders geschwächt ist.

Für mich war das Besondere, dass es ein ganz neues Medikament ist, das es vorher noch nicht gab und dass es eine deutsche Forscherin war, die es maßgeblich entwickelt hat. Der Weg, den Prof. Rübsamen-Schaeff bis zum fertigen Wirkstoff auf sich nehmen musste, war dabei keineswegs leicht.  Sie musste viel dafür kämpfen und einige Hürden nehmen, um die Entwicklung des neuen Medikaments vorantreiben zu können. Schlussendlich hat sie sogar extra ein eigenes Unternehmen gegründet, um den Wirkstoff  zur Marktreife entwickeln zu können. Das fand ich einfach einen sehr mutigen und beeindruckenden Schritt. Nicht viele trauen sich das zu.

Wie viel Arbeit und Ausdauer in der Entwicklung eines Medikaments steckt, wissen die meisten Leute gar nicht und darüber ein Video zu machen und das zu zeigen, fand ich besonders spannend.

 

Das Thema ist ziemlich komplex. Wie bist du an die Produktion des Videos herangegangen?

Also erstmal habe ich natürlich intensiv zu dem Thema recherchiert. Ein bisschen wusste ich darüber schon aus dem Studium, aber für das Video habe ich mich in neueste Studienergebnisse eingelesen und versucht den aktuellen Stand der Wissenschaft abzudecken. Also, was wissen wir überhaupt über das Cytomegalievirus und warum sind die Forschung und das Wissen darüber wichtig für uns und unsere Zukunft.

Als nächstes habe ich ein Interview mit Frau Professor Rübsamen-Schaeff geführt und sie selbst gefragt, wie sie denn zu der Forschung an diesem Medikament gekommen ist, wie der Entwicklungsprozess war, welche Schwierigkeiten es gab und wie sie die Probleme dabei gelöst hat.

Anschließend habe ich ein Konzept für das Video geschrieben. Ich habe mir überlegt, was ich an dem Thema besonders interessant finde und was wichtig ist, um den eher komplexen Wirkmechanismus des Medikaments zu verstehen. Wie kann man das so einfach darstellen, dass es jeder versteht, aber nicht so vereinfacht, dass es falsch wird?

Ich habe das Video dann zweigeteilt: In einen Moderationsteil, in dem ich direkt in die Kamera spreche und immer den nächsten Abschnitt des Videos einleite und in einen Animationsteil, in dem ich das Fachliche erkläre. Dafür habe ich selbst Zeichnungen am Computer angefertigt, diese animiert und anschließend einen Text darüber eingesprochen. Manches kann man sich einfach besser vorstellen, wenn man ein Bild vor Augen hat, besonders wenn es so komplex ist.

Alles bis zum fertigen Video zu bearbeiten, also mit Recherche, Texten, Animieren, Schneiden usw. hat etwa drei Monate gedauert. Auch deshalb, weil ich nebenbei noch gearbeitet habe. Aber mir hat es sehr viel Spaß gemacht und ich habe auch eine Menge Neues dabei gelernt.

 

Hast du seit deinem ersten Video eine andere Herangehensweise? Hast du Tipps für Neueinsteiger?

Mein erstes Video „Ein Herz aus Spinat“, was ich letztes Jahr bei Fast Forward Science eingereicht habe, war von der Art, wie es produziert wurde, noch recht einfach. Dafür habe ich lediglich eine Präsentation gemacht, sie mit der Bildschirmaufnahme als Video aufgenommen und anschließend die Sprechstimme mittels Voice-Over darübergelegt.

Seitdem habe ich mich in meinen Videos immer weiter verbessert: Von meinem Preisgeld, das ich im Webvideo-Wettbewerb gewonnen habe, habe ich mir als erstes eine Ringlampe für die bessere Ausleuchtung gekauft, weil ich ausprobieren wollte wie es ist, selbst für ein Video vor der Kamera zu stehen. Ich habe immer mehr dazugelernt und versuche meine Videos nun jedes Mal ein bisschen besser zu machen und neue Dinge dabei auszuprobieren.

Als Tipp für alle, die sich selbst mal an der Video-Produktion versuchen wollen: Lasst euch nicht von eurem Perfektionismus bremsen. Das erste Video wird nie perfekt. Wenn ihr Szenen irgendwann zum zwanzigsten Mal dreht und sie immer noch nicht genau so sind, wie ihr sie haben wolltet – nehmt es einfach hin. Nehmt die Erfahrung mit und macht es einfach beim nächsten Mal anders. Es hilft auch sehr, sich mit anderen YouTubern zu vernetzen und sich auszutauschen, welche Technik sie benutzen und wie sie an ein Video herangehen oder Ideen umsetzen. Habt Spaß daran und seid immer neugierig. Das ist sowieso das, was einen antreibt.

Und ganz wichtig: Wählt ein Thema, das euch selbst interessiert und für das ihr brennt. Wenn man mit Leidenschaft bei der Sache ist, wirkt das viel authentischer und kommt beim Zuschauer auch besser an.

 

Wie schaffst du es Studium und Videos unter einen Hut zu bringen oder ergänzen sich die beiden Felder sogar?

Gutes Zeitmanagement. Ich arbeite ganz normal Vollzeit im Krankenhaus. An den Wochenenden recherchiere ich und drehe bzw. bearbeite meine Videos. So dauert es halt auch mal ein paar Wochen, bis ein Video fertig ist. Aber das ist okay. Für mich ist das ein Hobby und es macht mir sehr viel Spaß. Ich bin sehr gerne kreativ und das ist eine perfekte Ergänzung zum Medizinstudium.

 

Du hast sehr die Rolle der Preisträgerin als Frau in der Wissenschaft hervorgehoben. Findest du, dass Frauen einen schwierigen Stand in der Wissenschaft haben?

Ja, ich denke schon, dass es Frauen in der Wissenschaft eher schwer haben. Besonders Familie und Forschung lassen sich oftmals nur sehr schwer vereinen. Im Falle von Professor Rübsamen-Schaeff war das sogar eine besondere Herausforderung, weil sie alleinerziehend war.

Der Frauenanteil in der Wissenschaft wird nach oben auf der Karriereleiter immer kleiner: Vom Studium, über den PhD bis zum Post-Doc und schließlich Professor nimmt er immer weiter ab. Die Bedingungen, so wie sie derzeit sind, führen dazu, dass Frauen sich häufig zwischen Karriere und Familie entscheiden müssen. Das liegt zum Beispiel daran, dass die Stellen eher unflexibel gestaltet sind. Durch befristete Verträge stehen in kurzen Zeitabständen nicht nur Jobwechsel, sondern oft auch der Wechsel des Wohnortes an, was mit Kindern besonders schwierig ist.

Deswegen ist es auch wichtig über solche inspirierenden Forscherinnen wie Prof. Rübsamen-Schaeff zu berichten, die es trotz aller Widrigkeiten geschafft haben. Sie können Vorbild sein und jungen Wissenschaftlerinnen Mut machen ihre akademischen Ziele weiter zu verfolgen, selbst wenn die Umstände manchmal schwierig sind.

Woher nimmst du deine Inspiration/Ideen?

Ich komme eigentlich aus der journalistischen Richtung und betreibe einen Blog. Bei jedem Thema überlege ich mir, ob es sich nicht auch für ein Video eignen würde. Ich wähle eigentlich immer Themen, die mich selbst besonders interessieren. Themen, von denen ich denke, dass sie auch für andere Menschen faszinierend sind oder die weiter publik gemacht werden sollten. Meist komme ich darauf, weil ich schon mal einen Artikel darüber geschrieben habe oder ich in der Recherche zu einem anderen Thema am Rande darauf gestoßen bin, und das dann richtig spannend fand.

Grundsätzlich möchte ich gerne zeigen, wie schwierig, aber gleichzeitig auch wie spannend medizinische Forschung sein kann und wie bedeutsam sie für uns Menschen ist.

 

Was können wir in der Zukunft von dir erwarten? Was würdest du gern mal umsetzen?

Gerade beende ich mein Praktisches Jahr und bin voraussichtlich Ende dieses Jahres mit meinem Studium fertig. Da ich noch nicht genau weiß, welchen Facharzt ich danach machen möchte, werde ich die nächsten Monate nutzen, mir darüber Gedanken zu machen, wohin mein Weg gehen soll.

Außerdem habe ich mir auch gerade eine bessere Kamera gekauft. Ich habe richtig Lust, noch mehr und professionellere Videos zu machen, neues auszuprobieren und mir dafür mal richtig Zeit zu nehmen.

Egal wie es weitergeht, ich möchte auch auf jeden Fall immer gerne nebenbei Wissenschaftsvideos machen.